Sommerbogen

Sommerbogen für Gitarren-Quartett, 1992

15:00′
tgm 47.233
Auftrag des EOS-Guitar-Quartett und der Präsidialabteilung der Stadt Zürich
Uraufführung: 21. Mai 1993, Kleiner Tonhalle-Saal (EOS-Guitar-Quartett: Marcel Ege, Martin Pirktl, David Sautter und Michael Winkler)

Hörbeispiel
Wiederaufführung am 23. Juni 2019 im Rahmen der Konzertreihe schlumpf+ in der Druckerei Baden

Ausgangspunkt meiner Arbeit an «Sommerbogen» war ein Holzobjekt aus der Reihe „Appearing“ 1992 meines Künstlerfreundes Andy Athanassoglou.
Zwei hervortretende Merkmale dieses gut ein Meter breiten Holzstückes haben meinen Kompositionsprozess beeinflusst: die Rhythmik der beidseitigen Einkerbungen und die zwei gegengleich-wellenartigen Bogen, die aus dem Verlauf der Kerbenspitzen resultieren. Die räumlichen Abstände der Kerben, von links nach rechts betrachtet, definieren in meiner Komposition die formalen Unterteilungen des zeitlichen Gesamtrahmens von knapp 15 Minuten Dauer.
Zu diesem analytisch-einteilenden Aspekt tritt das Bild des schwingenden Bogens, des zeitlos Fliessenden. Daraus ist die Grundfigur von «Sommerbogen» entstanden: ein einfaches Motiv in G pentatonisch, unterteilt in vier ähnliche Untergruppen von 6, 9, 7 und 8 Vierteln Länge. Damit korrespondierend erscheint die rhythmische Feinstruktur aus wiederkehrend analogen und doch variierten Wechseln von 2er- und 3er-Gruppen der kleinsten Zeiteinheit.
Klar in zwei Grossabschnitte unterteilt ergibt sich folgender musikalische Ablauf: der linken Bildhälfte entspricht ein überwiegend statischer Teil, der immer in derselben Tonart bleibt und von komplexen rhythmischen Überlagerungen lebt, in denen das Hauptmotiv nach und nach verschwindet, Gegenfiguren Platz macht und schliesslich nach und nach immer deutlicher wieder auftaucht, bis es in der Mitte des Stücks allein unisono in allen Stimmen dasteht.
Danach beginnt der zweite mehr kontrastierend-dynamische Teil, in dem das Hauptmotiv durch verschiedenste Tonarten wandert und zum Teil nur noch perkussiv da ist, in dem linear-kontrapunktische Abschnitte mit solchen akkordisch-homophoner Satzweise abwechseln, bis beim letzten Schnittpunkt der beiden Bogen der Anfang wieder erreicht ist, wonach ein neuer Aspekt des Hauptmotivs kurz aufscheint, bevor das Stück abrupt abbricht.
«Sommerbogen» ist Teil des Zyklus „Die vier Jahreszeiten“ für vier homogene Quartette.