Klarinettentrio

Klarinettentrio für Klarinette, Cello und Klavier, 1997
Kapitel 1 im „Buch der Proportionen“

28:30′
Edition Kunzelmann, GM-1906
Uraufführung: 7. Februar 2000, Musikhochschule Zürich (Matthias Müller, Daniel Pezzoti, Peter Waters)

11. Juni 2011 Aufnahmen im Futura Productions Studio, Boston, mit Rane Moore, Rafael Popper-Kaiser und Cory Smythe. Erschienen auf der CD Summer Circle.

Hervorragende Aufführung im Rahmen der Konzertreihe schlumpf+ in der Druckerei Baden am 11. Mai 2017 mit Robert Pickup (Klarinette), Thomas Grossenbacher (Cello) und Yoshiko Iwai (Klavier).

 

PDF-Partiturauszug S.1-6

Hörbeispiele

 

Das Klarinettentrio bildet das Kapitel I in meinem „Buch der Proportionen“ (seither ist auch Kapitel II, „Cumuli III“ für sieben Instrumente von 1999, entstanden). Es geht hier um eine möglichst variative und vielgestaltige, aber auch strikte und nachvollziehbare Gestaltung der Rhythmik. Die Stimmen sollen oft voneinander quasi unabhängig laufen, sich in unterschiedlichen Zeitebenen befinden, und doch den „Kontakt zueinander“ nicht verlieren.
Eine Schlüsselrolle hat dabei manchmal das Klavier: linke und rechte Hand spielen bereits z.B. in einem Proportionsverhältnis der Zählzeiten von 2:3, dann „sitzen“ Klarinette und Cello individuell auf je eine Stimme (=Hand) auf und machen weitere Unterteilungen, was bis zu Proportionen von 9:4, resp. 9:8 führt (Teil A).
Des weitern tauchen in anderen Teilen unregelmässige Taktarten und Metren auf, welche in einem Unisono-Abschnitt kulminieren (Teil E), in dem zusätzlich mit Temposprüngen (in den Verhältnissen 3:2 / 4:3 / 5:4 / 6:5 und umgekehrt) eine weitere Varationsebene ins Spiel kommt. Zusammen mit Ostinato-Bildungen und Synkopenakzenten ergibt sich so eine Rhythmuswelt, in der auf weitestgehende Art und Weise Proportionsverhältnisse das Zeitgeschehen prägen.
Mit leicht veränderten Vorzeichen gilt dies auch für die Gesamtarchitektur. Nach den Zahlen der Fibonacci-Reihe (Annäherungen an den Goldenen Schnitt) ist die Grossform durch zahlreiche Unterteilungen einer Gesamtlänge von 1597 Sekunden konzipiert: auf mehreren Ebenen sind die Proportionen des Goldenen Schnittes ineinander verschachtelt, was zu einem Labyrinth von zunächst noch leeren „Zeitkasten“ geführt hat, die ich sukzessive mit rhythmisch-metrischen, melodischen, harmonischen, konzeptionellen, artikulatorischen, dynamischen und Tonraum-Ideen „gefüllt“ habe. Dabei sind auch unterschiedliche Arten von Analogien, resp. Reprisen eingeflochten.
Kurz vor der Mitte des Stücks gibt es eine Annäherung an eine Stelle aus dem ersten Satz des Brahmsschen Klarinettentrios: die Musik verwandelt sich, ist ziemlich überraschend nahe bei Brahms und entfernt sich dann mit Partikeln dieser vergangenen Tonsprache wieder davon…
Ungefähr um 1970 habe ich während meinem Berufsstudium als Klarinettist das Trio von Brahms an einem Schul-Forum gespielt. Bald darauf habe ich mein Hauptfach zu Klavier gewechselt, früher, bis zur Matura 1966 habe ich intensiv Cello gespielt: es sind also „meine“ Instrumente, für die ich da komponiert habe (heute spiele ich zwar wieder andere).
Das Trio ist meiner Frau Antoinette und allen, die den Rhythmus haben gewidmet.